RECHTSBERATUNG

Hinweise zur Corona-Pandemie

Weitere Informationen finden Sie in unserem Newsletter "SRS-Update EU-Beihilfen- und Vergaberecht" sowie in unserer "Mandanteninformation zur Corona-Pandemie".

Über den nachfolgenden Link können Sie sich die Aufzeichnung unseres Webinars "Corona-Krise: Handlungsbefugnisse für Unternehmen und Unternehmer/innen" online ansehen.

Zudem stehen Ihnen nachfolgend auch die Folien zum Webinar zum Download zur Verfügung.

Nach Auftreten des neuartigen Coronavirus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 30. Januar 2020 den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Die Zahl der Infizierten steigt weiter und auch in Deutschland sind Infektionen mit dem Virus bestätigt worden. Das Auswärtige Amt hat Reisewarnungen ausgesprochen. Eine Pandemie kann Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland haben. Von ihrer Intensität hängt es ab, wie stark Betriebe im Einzelnen erfasst werden und ob Arbeitsabläufe im gewohnten Umfang sichergestellt bleiben. Ebenso stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das Virus für den Einsatz von Arbeitnehmern hat. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über arbeitsvertragliche Folgen, wenn Arbeitnehmer wegen des Coronavirus nicht beschäftigt werden können. Zudem wird dargestellt, welche Vorbereitungshandlungen getroffen werden können, um innerbetriebliche Folgen möglichst einzugrenzen. Außerdem werden datenschutzrechtliche Aspekte erörtert.

Hotline des Bundeswirtschaftsministeriums

Aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) eine Hotline für Unternehmen eingerichtet. Darüber hinaus hat das BMWi im Netz die wichtigsten wirtschaftsrelevanten Informationen zusammengestellt, die ständig aktualisiert werden.

Informationen zu den Auswirkungen des Coronavirus vom Bundeswirtschaftsministerium

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/altmaier-zu-coronavirus-stehen-im-engen-kontakt-mit-der-wirtschaft.html

1. Arbeitsrechtliche Fragestellungen

a) Präventivmaßnahmen/ Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber nach § 618 BGB eine allgemeine Fürsorgepflicht und muss demnach für die Unversehrtheit von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers sorgen.

Bei einer Pandemie resultiert die Gefahrensituation, die vermieden werden soll, nicht aus der Besonderheit des Arbeitsplatzes, sondern daraus, dass eine ansteckende Krankheit im Umlauf ist. Zur Fürsorgepflicht gehört auch, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor einer Ansteckung durch andere erkrankte Beschäftigte oder Dritte, mit denen er im Rahmen seiner Tätigkeit Kontakt aufnehmen muss, hinreichend schützt.

Dabei hat der Arbeitgeber keine absolute Schutzpflicht. Er ist lediglich verpflichtet, zumutbare Schutzvorkehrungen zu treffen. Er hat also die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering bleibt. Welche Maßnahmen konkret zu ergreifen sind, hängt vom Grad der Gefährdung ab. Solange keine konkrete Gefährdung bekannt ist, reichen auch allgemeine Informationen zur Erkrankung, während bei einer konkreteren Gefahr (z.B. infizierte Mitarbeiter) konkrete Schutzmaßnahmen nötig werden.

Der Arbeitnehmer kann also nicht verlangen, dass zur Erreichung des Schutzes die an sich erlaubte unternehmerische Tätigkeit verändert werden muss. Umgekehrt stellen aber auch die Kosten für eine Maßnahme noch kein Unzumutbarkeitskriterium dar.

Wenn der Arbeitgeber seine Fürsorgepflichten nicht erfüllt, kann dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Dies muss aber stets verhältnismäßig sein. Wenn es lediglich an einer allgemeinen Information fehlt, wäre eine Leistungsverweigerung überzogen. Besteht aber das konkrete Risiko einer Infektion (z.B. Zusammenarbeit mit einem infizierten Kollegen), besteht das Leistungsverweigerungsrecht.

Im Falle des Corona-Virus bedeutet die Erfüllung der Fürsorgepflicht zum Beispiel:

Der Arbeitgeber muss über Risiken und Möglichkeiten aufklären.

Das heißt, er muss Informationen bereitstellen, Regeln aufstellen sowie auf Schutzmöglichkeiten hinweisen.

Tritt ein Arbeitnehmer mit entsprechenden Symptomen an, sollte der Arbeitgeber ihn nach Hause schicken und vom Arzt klären lassen, ob es sich wirklich um das Corona-Virus handelt.

b) Darf ein Arbeitnehmer der Arbeit aus Angst fernbleiben?

Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer die Arbeit nicht verweigern, weil die Ansteckungsgefahr bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin erhöht sein könnte. Im Einzelfall kann der Arbeitgeber aber bei einer konkreten Gefährdung aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet sein, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen oder Arbeit im Homeoffice zu erlauben, wenn diese Möglichkeit besteht.

c) Was passiert, wenn Arbeitnehmer wegen des Virus oder Quarantänemaßnahmen nicht arbeiten dürfen

§§ 29 und 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ermöglichen als Maßnahme zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten auch, Personen unter Beobachtung oder gar Quarantäne zu stellen.

Nicht erkrankte Arbeitnehmer, die dadurch einem Tätigkeitsverbot unterliegen, können für den daraus folgenden Verdienstausfall eine Entschädigung beanspruchen. Diese Entschädigung zahlt bis zu sechs Wochen lang der Arbeitgeber, der wiederum einen Erstattungsanspruch gegen die zuständige Behörde hat (vgl. § 56 Abs. 5 IfSG). Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arbeitnehmer nicht aus anderen Gründen einen Anspruch auf Zahlung hat.

Die Entschädigung ist binnen drei Monaten bei der örtlich zuständigen Behörde zu beantragen. Ist die betroffene Person Arbeitnehmer und tatsächlich erkrankt, gilt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach den allgemeinen Regeln

d) Was ist bei Dienstreisen zu beachten?

Wann ein Arbeitnehmer generell zur Arbeitsleistung im Ausland verpflichtet ist, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag.

Wenn Dienstreisen und die Arbeitsleistung im Ausland zum Aufgabengebiet des Arbeitnehmers gehören sollen, muss dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart worden sein.

Natürlich besteht auch ohne arbeitsvertragliche Regelung die Möglichkeit, im Einzelfall einen konkreten Auslandseinsatz zu vereinbaren, wenn der Mitarbeiter einverstanden ist.

Auch wenn der Arbeitsvertrag Auslands-Dienstreisen vorsieht, können Mitarbeiter nicht uneingeschränkt ins Ausland geschickt werden. Denn der Arbeitgeber darf gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) ein ihm zustehendes Weisungsrecht stets nur nach „billigem Ermessen“ ausüben. Das bedeutet, dass eine Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers einerseits und der betrieblichen Interessen andererseits erfolgen muss. In diesem Rahmen ist natürlich die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht zu beachten, die den Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter verpflichtet.

Vor diesem Hintergrund entspricht die Anordnung von Dienstreisen ins Ausland dann nicht mehr billigem Ermessen, wenn eine erhebliche Gefährdung des Arbeitnehmers zu bejahen ist.

Das wird insbesondere dann angenommen, wenn für die entsprechende Region eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt.

Die Anordnung von Dienstreisen in die aktuell betroffenen Regionen (z.B. China) entspricht daher im Regelfall nicht billigem Ermessen gemäß § 106 GewO. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer das Recht, die Dienstreise zu verweigern, ohne dass er arbeitsrechtliche Sanktionen befürchten müsste.

e) Was gilt, wenn Kitas und Schulen geschlossen werden und Kinder zu betreuen sind?

Sind Mitarbeiter davon betroffen, müssen sie unter Umständen trotz nicht erbrachter Arbeit bezahlt werden,

  • wenn eine Beaufsichtigung oder Betreuung geboten ist und
  • andere geeignete Aufsichtspersonen nicht zur Verfügung stehen.

In diesem Zusammenhang sind jedoch die individuellen arbeitsvertraglichen Regelungen zu beachten. Diese können Abweichendes regeln. Dies gilt auch hinsichtlich der Dauer.

Eine gute Zusammenfassung über die arbeitsrechtlichen Themen bietet der nachfolgende Link:

https://www.agv-stade.de/images/Beitragsdateien/BDA_Arbeitsrechtliche_Folgen_einer_Pandemie_Hinweise_für_die_Praxis.pdf

2. Datenschutzrechtliche Erwägungen

Sobald der Verdacht einer Ansteckung besteht oder ein Arbeitnehmer an dem Virus erkrankt ist, muss der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht gegenüber den übrigen Mitarbeitern nachkommen. Dadurch können die übrigen Arbeitnehmer Kenntnis von dem Verdacht der Ansteckung bzw. der Viruserkrankung ihres Kollegen erlangen. In diesem Fall liegt eine Verarbeitung personenbezogener Daten vor. Die Offenlegung der Viruserkrankung im Betrieb stellt eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.v. Art. 6 Abs.1 lit. b), d) und f) DSGVO dar. Sie erfolgt zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und zum Schutz von Gesundheit und Leben der übrigen Mitarbeiter und dient berechtigten Interessen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um Gesundheitsdaten i.S.v. Art. 9 Abs.1 DSGVO handelt. Die Erfüllung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des Virus überwiegt das Selbstbestimmungsrecht des erkrankten Arbeitnehmers, Art. 9 Abs. 1 DSGVO i. V. m. § 26 Abs. 3 BDSG.

Bei der Erhebung und Verwendung der Daten ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets zu beachten. Die Offenlegung personenbezogener Daten von nachweislich infizierten oder unter Infektionsverdacht stehenden Personen zur Information von Kontaktpersonen ist nur rechtmäßig, wenn die Kenntnis der Identität für die Vorsorgemaßnahmen der Kontaktpersonen ausnahmsweise erforderlich ist.

3. Unternehmerische Fragestellungen und Möglichkeiten

a) Was passiert bei Lieferengpässen, Auftragsverlusten

Auch ohne Quarantäne-Maßnahmen vor Ort führt das neuartige Corona-Virus bereits heute in zahlreichen Unternehmen zu Störungen im Betriebsablauf: So stehen viele Firmen vor dem Problem, dass Lieferungen ausbleiben, so dass Material fehlt. Oder bereits produzierte Ware kann nicht versandt werden, da der Transport derzeit nicht möglich ist. In diesen Fällen muss häufig die Produktion gestoppt werden, weil keine weiteren Lagerkapazitäten für fertige Produkte vorhanden sind.

Wenn Arbeitnehmer in einer solchen Situation nicht mehr beschäftigt werden können, gilt Folgendes:

  • Das sogenannte „Betriebsrisiko“ trägt der Arbeitgeber.
  • Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmern auch dann die vereinbarte Vergütung zahlen, wenn er deren Arbeitsleistung etwa aufgrund von Unterbrechungen der Lieferkette nicht einsetzen kann.
  • Voraussetzung ist stets, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich zur Arbeitsleistung bereit und in der Lage wäre, er also zum Beispiel nicht aufgrund von Krankheit ohnehin arbeitsunfähig ist.

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit den Abbau eventuell angehäufter Überstunden anzuordnen. Alternativ kann er mit den Mitarbeitern den Einsatz von Urlaubstagen vereinbaren.

Im Rahmen von behördlichen Maßnahmen des Infektionsschutzes ist theoretisch auch die Anordnung von Betriebsschließungen denkbar. Eine solche Maßnahme würde ebenfalls dazu führen, dass Arbeitnehmer faktisch nicht mehr beschäftigt werden könnten – es sei denn, es bestehen rechtlich und technisch bereits die Voraussetzungen für eine Beschäftigung an einem anderen Ort (etwa im Home-Office).

Der Arbeitsausfall durch eine behördliche Betriebsschließung mit dem Ziel des Infektionsschutzes ist ebenfalls ein Fall des Betriebsrisikos, das dem Arbeitgeber zugewiesen ist. Auch wenn der Arbeitgeber also keinerlei Einfluss auf das Geschehen hat, es sich für ihn also als „höhere Gewalt“ darstellt, muss er seine Arbeitnehmer auch während dieses Arbeitsausfalls bezahlen.

b) Darf der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?

Sowohl Produktionsausfälle aufgrund von Corona-bedingten Lieferschwierigkeiten als auch Ausfälle aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen wie Betriebsschließungen können ein Grund für die Anordnung von Kurzarbeit sein.

Zu beachten ist aber, dass Kurzarbeit (also die Verkürzung der Arbeitszeit mit entsprechender Entgeltkürzung) nicht ohne Weiteres einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden kann.

Ob die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt sind, entscheidet auf Antrag die zuständige Bundesagentur für Arbeit.

Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden.

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.

Wichtig: Betriebe, die aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie Kurzarbeitergeld beantragen möchten, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit melden. Diese prüft dann, ob die Voraussetzungen für die Leistung erfüllt sind.

Online zum Kurzarbeitergeld

Betriebe können die Kurzarbeit online anzeigen. Hat die zuständige Arbeitsagentur festgestellt, dass das Unternehmen die Voraussetzungen erfüllt, kann es Kurzarbeitergeld ebenfalls online beantragen. Weitere Informationen und die Links zur Online-Anzeige beziehungsweise zum Online-Antrag finden Sie auf der Seite Kurzarbeitergeld – Informationen für Arbeitgeber (https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-bei-entgeltausfall)

Weitere Informationen finden Sie auch in unseren Hinweisen zum Kurzarbeitergeld.

c) Welche Fördermaßnahmen gibt es für die Arbeitgeber?

Die Kreditanstalt für Wiederaufbauu (KfW) bietet Unternehmerkredite und ERP-Gründerkredite an. Die Beantragung erfolgt über Ihre Hausbank bei der KfW. Die KfW hat eine Hotline 0800 5399001 für gewerbliche Kredite eingerichtet.

Bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen setzen die Bundesländer auf bewährte und bestehende Fördermittel. In Hessen werden über die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WiBank) und die Bürgschaftsbank Hessen werden diverse Finanzierungsprodukte angeboten.

„Die zur Verfügung gestellten Informationen können naturgemäß weder allumfassend noch auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Einzelfalls zugeschnitten sein. Sie begründen keine Beratung und keine andere Form rechtsverbindlicher Auskünfte unsererseits. Die Informationen beruhen auf dem Rechtsstand des angegebenen Datums. Wir übernehmen keine Gewährleistung oder Garantie für Richtigkeit oder Vollständigkeit der Inhalte. Dreieich, den 16.03.2020“

Trageser, Birgit

Birgit Trageser

Counsel
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Weibert

Andrea Weibert

Rechtsanwältin
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